Freie Software
Offene Standards
Offene Standards
ermöglichen es, alle möglichen Arten von Daten frei und ohne Veränderungen mit
anderen zu teilen. Sie verhindern Herstellerabhängigkeit und andere künstliche
Barrieren gegen Interoperabilität. Des Weiteren fördern sie die Auswahl
zwischen Anbietern und technischen Lösungen. Die FSFE drängt zur Einführung von Offenen Standards, um den Wettbewerb am IT-Markt
zu fördern. Dadurch wird ein Wechsel zu Freier Software oder zwischen verschiedenen
Freien-Software-Lösungen erleichtert.
Was ist ein technischer Standard?
Ein technischer Standard ist eine Zusammenstellung von allgemein beschlossenen Regeln
für technische Systeme. Dies ist normalerweise in einer sogenannten „Normvorschrift“
dokumentiert, die beschreibt, wie Informationen konsistent organisiert werden, damit mehrere
unabhängige Anwendungen diese verwenden können. Standards, die zur Informationsspeicherung
verwendet werden, heißen „Dateiformate“ und jene zur Übertragung von Informationen heißen
„Protokolle“.
Ein Standard bildet einen gemeinsame Grundlage, die die Basis für Interoperabilität und
Wettbewerb ist. Der Gegensatz von Standardisierung ist ein Monopol:
Anwender eines Produktes oder Dienstes können nur mit Anwendern des gleichen Produktes oder
Dienstes interagieren. Aus diesem Grund werden Standards verwendet, um Wettbewerb im Sinne des Allgemeinwohls zu fördern.
Standards können positive Auswirkungen auf Neuerungen haben, indem Sie allen
Wettbewerbern auf dem Mark die Möglichkeit geben, auf diesen Standards aufzubauen und
ihre eigenen Dienste darin zu integrieren.
Warum Offene Standards?
Ein Problem entsteht, wenn ein Standard von einem Marktakteur eingesetzt wird
und dieser seine Marktposition ausnutzt, um die Weiterentwicklung dieses Standards kontrollieren.
Außerdem könnte er den Standard manipulieren, indem er durch Lizensierung bestimmte Anwendergruppen ein-
oder explizit ausschließt. In diesem Fall wird Standardisierung für das genaue Gegenteil von
Wettbewerb und Interoperabilität verwendet.
Wettbewerbsfähigkeit im Markt wird daher nur von Standards erzeugt, die offen sind.
Weil offene Standards ohne Einschränkungen frei verfügbar sind, erlauben sie, genormte
Methoden in Produkten und Diensten einzusetzen, ohne einem Akteur schon vornerein Vorteile durch den Besitz
des Standards zu gewähren. Als Konsequenz daraus ist der Zugriff auf die Technologie für alle
Handelnden im Markt möglich, ungeachtet ihrer Geschäftsmodelle.
Was ist ein „offener“ Standard?
Offene Standards finden Verwendung in Freier Software. Wenn einer Standard
nicht die folgenden Kriterien erfüllt, dann benachteiligt er Freie Software und
darf deshalb nicht „offener Standard“ genannt werden:
Ein Offene Standard bezieht sich auf ein Format
oder Protokoll, das:
- öffentlich zugänglich ist, zur öffentlichen Bewertung und Verwendung, ohne Einschränkungen und für alle
beteiligten Teilnehmer gleichwertig,
- ohne Bestandteile oder Erweiterungen ist, deren Abhängigkeiten wiederum selbst nicht der Definition eines Offenen Standards
entsprechen,
- frei von rechtlichen oder technischen Bestimmungen ist, die die Verwendung von irgendeinem
Beteiligten oder Geschäftsmodell einschränken,
- unabhängig von einem einzigen Anbieter in einem Prozess weiterentwickelt wird, der offen für
eine gleichberechtigte Beteiligung von Wettbewerbern und Drittanbietern ist,
- verfügbar in mehreren vollständigen Implementierungen ist, entweder von konkurrierenden Anbietern, oder
als eine vollständige Implementierung, die gleichberechtigt verfügbar für alle Beteiligte ist.
Auf diese Weise wird sichergestellt, dass Technik für jeden verfügbar ist,
unabhängig vom Geschäftsmodell, der Größe oder Beständen an Exklusivrechten.
Warum sollte ein Standard minimalistisch sein?
Das Ziel von Standards ist es, eine gemeinsame technische Grundlage zu schaffen und
verschiedenen Anwendungen die Möglichkeit zu geben, miteinander zu agieren. Je mehr
Daten digital gespeichert werden, umso wichtiger ist es, dass diese von verschiedenen
Anwendungen transportiert und verarbeitet werden können. Das ist auch der Grund, wieso man unbedingt sicherstellen sollte,
dass die Formate, die zum Speichern verwendet werden, mit anderen
Anwendungen bearbeitet werden können, unabhängig vom Anbieter oder einer bestimmten technischen Lösung.
Darum müssen Standards nicht nur offen, sondern auch
„minimalistisch“,
sein, um ein technisches Probleme adäquat zu lösen und so viele Implementierungen des Standards
wie möglich zu ermöglichen. Anders ausgedrückt muss bewertet werden,
ob ein Standard so einfach wie möglich und so komplex wie nötig ist.
Standards, die überladen mit mehreren unnötigen Erweiterungen sind, verschafft dem Anbieter
einen Vorteil: Es ist schwieriger für andere Implementierer, das Format adäquat zu lesen
und der Kunde ist somit an einen Anbieter gebunden („Vendor Lock-in“).
Zusätzlich schaffen überbordete Standards mit kaum genutzten Funktionen Hintertüren
und Anfälligkeiten für bösartige Angreifer, die diese ausnutzen können.
Mit Freier Software implementierbarer Standard
Referenz-Implementierung
Für Software-Standards wird der eigentliche Standard durch sowohl
die formale Spezifikation als auch die tatsächliche Implementierung definiert. Der Erwerb der
formalen Spezifikation ist oft nicht ausreichend, um einen Standard für ein komplexes
digitales System zu implementieren. Für jede Firma, die einen Standard implementieren möchte,
kann das Wissen über existierende Implementierungen genauso wichtiger sein wie die formale Spezifikation,
weil das dabei hilft, Versuch-und-Irrtum-Methoden bei Uneindeutigkeiten
der formalen Spezifikation zu vermeiden.
Deswegen ist es wichtig für einen ausreichend „offenen“ Standard, dass die Offenheit sowohl Spezifikation
als auch Implementierung umfasst.
Folglich ist es für offene Implementierungen betriebswirtschaftlich vorteilhafter,
eine Referenzimplementierung unter einer Freie-Software-Lizenz zu veröffentlichen.
Das erlaubt, dass die Referenzimplementierung frei verfügbar ist und auch als formale Spezifikation
ohne den institutionellen Prozess der Standardisierung dienen kann.
Patente in Standards
Manchmal beinhaltet die Standard-Spezifikation technische Lösungen, die
benötigt werden, um den Standard zu implementieren. Diese technischen
Lösungen können mit Patenten geschützt werden. Wer dann diesen Standard übernehmen und implementieren
möchte, muss deswegen die entsprechenden Lizenzen vom Patentinhaber erwerben.
In der Industrie haben sich unterschiedliche Lizenzmodelle entwickelt, um das
Problem von Patenten in Standard-Implementierungen zu überwinden: Zum Beispiel mit lizenzkostenfreien
(eng. „royalty-free“ (RF)) oder alternativen „fairen, angemessenen, und nicht-diskriminierenden“
(FRAND) Vertragsbedingungen. FRAND-Vertragsbedingung
sind inkompatibel mit Freier Software. Dadurch, dass FRAND-Vertragsbedingungen
normalerweise geheimgehalten werden, ist es unmöglich zu überprüfen, ob diese Vertragsbedingungen wirklich
„fair“ oder „nicht-diskriminierend“ sind.
Folglich kann FRAND verwendet werden, um den Standardisierungsprozess zu manipulieren und Wettbewerber
auszuschließen.
Da RF-Lizenzierung nur die Kriterien der Nutzungsgebühren betrachtet,
werden hierbei keine möglichen weiteren Einschränkungen bei der Implementierung und Anpassung
des Standards für Freie Software berücksichtigt. In dieser Hinsicht muss
die Lizenzpolitik von patentierter Technik in Standardisierung mit der
größtmöglichen Bandbreite von Akteuren auf dem Markt kompatibel sein, da es die Absicht einer Standardisierung
ist, Wettbewerb zu fördern und Innovationen, die darauf aufsetzen, zu erlauben.
Es muss dabei erwähnt werden, dass kaum ein neues System der IKT ohne den Einsatz von Freier Software auskommt,
und der Ausschluss von Unternehmen, deren Produkte auf Freier Software basieren, von Standardisierungsprozessen
die Entwicklung von Neuerungen signifikant beeinträchtigen kann.
Somit ist die geeignete Lizenz für „standardessentielle Patente“
eine Lizenz, die keine Beeinträchtigungen in Bezug auf die Implementierung des Standards
mit Freier Software enthält, siehe „einschränkungsfrei“ gemäß der
Offene-Standard-Definition.
Was können Sie tun?
Als Bürger
- Bestehen Sie auf offenen Standards: Lassen Sie sich nicht von der Regierung, Universität, dem Arbeitgeber
oder einer öffentlichen Verwaltung zwingen, ein proprietäres (Datei-)Format zu verwenden.
Als Politiker
- Fördern Sie Strategien, die Wettbewerb und Innovation durch Standardisierung sicherstellen, d.h.
minimalistische Offene Standards, die mit Freier Software implementierbar sind.
- Fördern Sie Lizensierungen, die auf einschränkungsfreie Bedingungen aufbauen,
um die größtmögliche Verbreitung eines Standards zu erlauben und die Implementierung
durch alle Akteure auf dem Markt zu ermöglichen.
- Priorisieren Sie die Verwendung Offener Standards bei öffentlichen Auftragsvergaben und Softwareentwicklungen,
um die Kompatibilität aller Softwarelösungen im öffentlichen Sektor sicherzustellen.
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