Estnischer Vorsitz in der EU: Die FSFE bittet um echte interoperable IT-Dienste im öffentlichen Sektor
Die FSFE hat ihre Stellungnahmen zur kommenden Tallinn-Erklärung zu so genanntem E-Government, die von der estinischen Ratspräsidentschaft entworfen wurde, vorgelegt. Darin fordert die FSFE den estnischen Vorsitz dazu auf, eine bessere Integration von Freier Software zu fördern, indem sie wahrhaft integrative, vertrauensvolle und interoperable digitale Dienste für alle Bürger und Firmen in der EU zur Verfügung stellen. Die Tallinn-Erklärung wird von den EU-Ministern im Oktober 2017 unterschrieben, was die gemeinsame Vorstellung der Mitgliedsstaaten zu E-Government und politisches Mitwirken zum Ausdruck bringt, um den gesetzten Zielen gerecht zu werden. Der Antrag für die Tallinn-Erklärung ist bis zum 14. Juli für öffentliche Kommentare geöffnet. Die FSFE bittet Organisationen, Firmen und Individuen, dass sie den europäischen Ministern deutlich machen, inwieweit Freie Software wichtig für ein transparentes und nachvollziehbares E-Government ist.
Seit dem 1. Juli hält Estland die EU-Ratspräsidentschaft inne. Die Präsidentschaft ist verantwortlich, die Arbeit des EU-Rats an europäischer Gesetzgebung voranzutreiben, was wiederum die Aufrechterhaltung der europäischen Agenda, geordnete gesetzliche Prozesse und die Kooperation der Mitgliedsstaaten untereinander sicherstellt. Als Teil dieser Präsidentschaft hat sich Estland einen starken Fortschritt in der Entwicklung von öffentlichen digitalen Diensten als Ziel gesetzt.
Der Vorsitz Estlands hat im Moment vor, durch eine ministerielle Erklärung einen Strategieplan für E-Government voranzubringen, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene, unterzeichnet von E-Government-Ministern aus ganz Europa. Einige Anträge bezüglich der Vorgehensweise, welche in der Tallinn-Erklärung erwähnt werden, werden die Zukunft der europäische Politik auf diesem Gebiet prägen.
Die estnische Präsidentschaft hat Vorschläge für die Erklärung veröffentlicht, welche öffentlich einsehbar sind. Eine Kernaussage davon lautet:
"Öffentliche Dienste und IT-Systeme sollten vollständig interoperabel zwischen Organisationen und Plattformen sein".
Neben anderen Dingen, sollte dies durch "Öffnen" von Daten und Diensten der Regierung erreicht werden. Ein weiterer Schlüsselpunkt schlägt folgendes vor:
"Bürger sollten auch das Recht auf eine algorithmische Rechenschaftspflicht und Transparenz haben, sodass sie Entscheidungen, welche auf Algorithmen beruhen, verstehen und infrage stellen können".
Die FSFE ist der Meinung, dass die estnische Präsidentschaft, dem eigenen Beispiel Estlands, offene und interoperable IT-Dienste für die Öffentlichkeit mit Freier Software aufzubauen, folgen sollte, und einen Schritt weiter gehen sollte, indem sie die Wichtigkeit Freier Software und Offener Standards bei der Bereitstellung von transparenten und nachvollziehbaren Lösungen im öffentlichen Sektor aller EU-Staaten bestätigt.
Die FSFE weitet ihren stetigen Druck aus, um die Daten und die Dienste der Regierung für die Veröffentlichung von Software für behördliche E-Services zu erschließen. Die Öffnung der Daten bedeutet ebenfalls das Öffnen von Regeln und Modulen, welche diese Daten erzeugen, vervollständigen und damit öffentliche Entscheidungen stützen. Ohne diese wichtige Ressource ist eine rein algorithmische Transparenz und Nachvollziehbarkeit nicht möglich. Daher verlangt die FSFE, dass jede öffentlich finanzierte Software, welche öffentliche digitale Dienstleistungen untermauert, als Freie Software verfügbar gemacht wird. Nur dann kann ein größeres Vertrauen in E-Government erreicht werden.
Unsere Anmerkungen und wie Du helfen kannst
Zusammengefasst fordert die FSFE die Autoren der Tallinn-Erklärung dazu auf, folgende Punkte zu ändern und zu ergänzen:
- Den Offenen Standards soll Vorrang eingeräumt werden, inklusive dem Austausch von Daten, im Einklang mit dem European Interoperability Framework. Offene Standards können nur so genannt werden, wenn sie Implementierungen in Freier Software erlauben.
- Bürger und Unternehmen sollen auf ihre Daten, welche bei öffentlichen Behörden liegen, zugreifen und diese bearbeiten und portieren können mithilfe von Offenen Standards und quelloffenen Formaten. Von und für Behörden entwickelte Software soll als Freie Software veröffentlicht werden, um algorithmische Nachvollziehbarkeit und Transparenz garantieren zu können.
- Die Veröffentlichung von Daten und Diensten der Regierung soll fortgeführt werden, inklusive Software, beginnend bei der Umfangserweiterung der Public Sector Information-Richtline (PSI) bis hin zur Daten und Software, welche privat, aber im öffentlichen Interesse, gespeichert sind. Die PSI-Richtlinie sollte außerdem auf Source Code, welcher unter Lizenzen der Freien oder Open Source Software veröffentlicht wird, ausgedehnt werden.
Bitte wirf auch einen Blick auf die ausführlichen Anmerkungen der FSFE bezüglich der Tallinn-Erklärung.
Der Antrag ist für öffentliche Anmerkungen bis zum 14. Juli verfügbar und wird dann den Mitgliedsstaaten vorgelegt, als Anregung in der Vorbereitung der Erklärung, welche die zukünftige EU-Politik bezüglich digitaler Regierung definiert. Die FSFE bittet Organisationen, Firmen und Individuen, Anmerkungen beizutragen und sich damit direkt an der Entstehung europäischer Politik zu beteiligen. Du kannst gerne die oben genannten Argumente für Deinen Beitrag verwenden und damit den europäischen Ministern zeigen, wie wichtig Freie Software und Offene Standards für eine vertrauensvolle, interoperable und transparente digitale Regierung ist.