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Keine Blockade der Freiheit von Nutzenden: das Recht, Werbeblocker zu nutzen

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Unternehmen versuchen zunehmend zu kontrollieren, wie Nutzer:innen mit ihren Online-Inhalten interagieren und gehen deshalb gegen Browsererweiterungen und andere Software vor, die von Internetnutzer:innen für ein individuell angepasstes Nutzer:innenerlebnis eingesetzt werden. Zwei aktuelle deutsche Gerichtsverfahren zu Adblockern könnten die rechtliche Position der Nutzenden stärken.

Eine Illustration zum Thema Privatsphäre, die mehrer Augen hinter einem Gitter zeigen
CC-BY-NC-SA by Rahak

Werbung ist ein Teil unseres Lebens, auch unseres digitalen Lebens. Sie findet sich in den Websites die wir aufrufen, in den Suchergebnissen die wir erhalten und in den Online-Nachrichten die wir lesen. Manche Nutzer:innen sind es leid, so viel Werbung zu sehen und versuchen sie zu vermeiden, indem sie einen Adblocker installieren. Aber ist dieses Vorgehen legal? Stellt die Nutzung von Werbeblockern eine Einschränkung der Marktautonomie dar, oder trägt sie zur Freiheit der Nutzenden bei?

Stellen Sie sich ein Szenario vor, in dem die Inhabenden von Websites das Urheberrecht an ihren Websites, einschließlich der von ihnen geschalteten Anzeigen, besitzen und folglich Nutzende, die beim Besuch dieser Websites Anzeigen entfernen oder unterdrücken, erfolgreich wegen Verletzung des Urheberrechts verklagen könnten. Diese hypothetische Situation würde es jedem Urheberrechtsinhabenden einer Website ermöglichen, das Rechtssystem zu nutzen, um jeden normalen Internetnutzenden zu stoppen, der versucht, die Werbung zu umgehen. Dies würde im Wesentlichen zu einem geschlossenen Internet führen, in dem den Nutzer:innen unaufgeforderte Informationen und Werbung aufgezwungen werden. Glücklicherweise haben jüngste Gerichtsentscheidungen zumindest verhindert, dass diese Vorstellung in Deutschland Realität wird.

Die Verwendung eines Adblockers ist der gängige Weg, mit dem viele Internetnutzende Werbung und Pop-ups beim Zugriff auf Websites umgehen. Adblocker werden in der Regel in Form von Browsererweiterungen und Plugins angeboten, die unerwünschte Werbung herausfiltern und so ein werbefreies Surfen im Internet ermöglichen.

Da die Nutzung dieser Adblocker zunimmt, haben einige Unternehmen begonnen, darüber nachzudenken, ob es legal ist, wenn Nutzer:innen ihre Werbung blockieren. Dies war in Deutschland der Fall, als die Axel Springer SE (Axel Springer), eines der größten deutschen Verlagsunternehmen, gegen die Eyeo GmbH (Eyeo), den Entwickler:innen von Adblock Plus (ein freies, unter der GPLv3 lizenziertes Adblocking-Tool), klagten. Diese Klagen haben zu einem juristischen Kampf für die Freiheit der Nutzenden und ein offenes Internet geführt.

Im Fall von Adblock Plus werden Anzeigen nach Filterregeln blockiert, die in einer sogenannten "schwarzen Liste" geführt werden, die die Nutzer:innen als Standardeinstellung verwenden. Die Erweiterung bietet Werbeanbietenden die Möglichkeit, ihre Werbung von dieser schwarzen Liste zu streichen (und in eine "weiße Liste" aufzunehmen), indem sie "akzeptable Werbestandards" einhalten, ihren Jahresumsatz offenlegen und einen Betrag an Eyeo zahlen. Die Nutzenden sehen nur Anzeigen, die in die Whitelist aufgenommen wurden, haben aber auch die Möglichkeit, sämtliche Anzeigen sowohl von der Whitelist als auch von der Blacklist zu blockieren.

>Axel Springer hat in Deutschland mehrere Klagen gegen Eyeo eingereicht mit der Begründung, dass die Adblock Plus-Erweiterung in ihre Geschäfte eingreife und Eyeo durch das Blockieren von Werbung wettbewerbswidrige Maßnahmen ergriffen habe. Nach Ansicht von Axel Springer stellt das Geschäftsmodell von Eyeo:

  1. eine gezielte Behinderung und aggressive Geschäftspraxis dar; sowie
  2. eine Verletzung der Pressefreiheit.

Das Recht, keine Werbung zu erhalten

Nachdem die Gerichte in Deutschland entschieden hatten, dass Internetnutzer:innen die Möglichkeit haben sollten, sich für den Einsatz von Adblockern zu entscheiden, brachten sie zum Ausdruck, dass die Rechte der Nutzenden nicht nur die Freiheit der Meinungsäußerung und des Empfangs von Informationen umfassen, sondern auch das Recht, eine Meinungsäußerung zu unterlassen und den Empfang aufgezwungener Informationen abzulehnen. Das Urteil erachtete es somit als im Interesse der Nutzenden, von aufdringlicher Werbung verschont zu bleiben.

Demnach machen Internetnutzer:innen mit der Nutzung eines Adblockers lediglich von ihrem Recht Gebrauch, beim Besuch von Internetseiten bestimmte Formen von Werbung nicht angezeigt zu bekommen. Bei dem Geschäftsmodell von Adblock Plus handele es sich daher um ein marktfähiges Dienstleistungsangebot, das nicht in erster Linie auf eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entwicklung von Axel Springer abziele. Nach Ansicht des Gerichts greift Adblock Plus auch nicht unmittelbar in den Geschäftsbetrieb ein, da die Nutzenden nach der Installation des Add-ons weiterhin frei in der Wahl ihrer Einstellungen bleiben. Die Nutzer:innen können die Werbung blockieren oder nur die in der Whitelist aufgeführten Anzeigen sehen. Adblock Plus ist also lediglich ein Produkt, über dessen Verwendung ausschließlich der Internetnutzende entscheidet.

Das HTML-Argument: Stellt die Verwendung von Adblockern eine Veränderung eines Computerprogramms dar?

Axel Springer brachte vor dem deutschen Gericht auch das Argument vor, dass ihre Websites nach dem deutschen Urheberrecht als urheberrechtlich geschütztes Computerprogramm geschützt seien und dass ihr HTML-Code aufgrund der darin enthaltenen Steuerungskomponenten ebenfalls in diesen Geltungsbereich falle. Aufgrund der Art und Weise, wie Adblock Plus mit ihrer Website interagiert, machte Axel Springer daher geltend, dass Kopien und Anpassungen des Codes auf ihrer Website unerlaubt vorgenommene Urheberrechtsverletzungen darstellen.

Sowohl in der ersten Entscheidung als auch in der anschließenden Berufung zugunsten von Eyeo folgte das Gericht der Auffassung von Axel Springer nicht, sondern stellte fest, dass die Verwendung von Adblock Plus lediglich den Programmablauf durch externe Befehle beeinflusst, ohne das Programm in seinem Wesen zu verändern oder eine veränderte Version zu erzeugen. Die Nutzung der Erweiterung führe daher zu einer bloßen Konfiguration des Browsers durch den Nutzenden entsprechend der eigenen Präferenzen.

Das Gericht wies darauf hin, dass Internetnutzer:innen keine Erlaubnis von Website-Besitzenden benötigen, wenn sie die Website für sich selbst besser aussehen lassen wollen. Moderne Websites bestehen aus vielen separaten Teilen, die technisch voneinander unterschieden werden können, darunter Text, Bilder, Videos sowie Software, die in die HTML-Seite eingebettet ist. Für die Gerichte reichte die Tatsache, dass diese Softwarekomponenten in der HTML-Seite der Website verwendet wurden, nicht aus um dadurch die Website selbst zu einem schutzfähigen Computerprogramm zu machen. Daraus lässt sich ableiten, dass Adblocker nicht gegen den urheberrechtlichen Schutz eines Programms verstoßen.

Nachteile des Falles

Dennoch sind einige Aspekte der Urteile immer noch nicht ideal im Hinblick auf eine Stärkung der Rechte der durchschnittlichen Nutzer:innen. Während Nutzende die Freiheit haben einen aktiviterten Adblocker zuverwenden, hat das Gericht dennoch das Recht von Axel Springer gewahrt, Nutzende mit einem aktivierten Adblocker vom Zugriff auf seine Inhalte auszuschließen. Dies kann als Zustimmung zum Einsatz von Adblocker-Erkennungstools durch Unternehmen wie Axel Springer verstanden werden.

Leider erwähnte das Gericht auch, dass Axel Springer seine Inhalte in ein kostenpflichtiges Zugangsmodell umwandeln kann, und rechtfertigte diese Maßnahme als ein dem Wettbewerb innewohnendes Element. Wir befürchten, dass diese stillschweigende Zustimmung dazu führen kann, dass Paywalls und Adblock-Erkennungstools zum Grundstandard im Internet werden.

Noch wichtiger ist, dass Tools zur Erkennung von Adblockern gegenArt. 5(3) der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation verstossen. Dieser besagt, dass Websites vor dem Zugriff auf oder der Speicherung von Informationen über das Gerät eines Nutzenden dessen Zustimmung einholen müssen. Die EU-Kommission bestätigte, dass sich Artikel 5 (3) der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation nicht nur auf Cookies beschränkt, sondern auf "alle Arten von Informationen" die auf dem Endgerät der Nutzenden gespeichert oder abgerufen werden. Dies beinhaltet auch die Speicherung von Skripten auf den Endgeräten durch Websites, um festzustellen, ob die Nutzer:innen Adblocker verwenden.

Ein Gewinn für die Freiheit der Endnutzer:innen?

Angesichts der Tatsache, dass viele Anbieter von Diensten und Websites im Internet dazu übergehen, den Zugang zu ihren Diensten für Adblocker zu beschränken, tragen diese Gerichtsentscheidungen in Deutschland zur Schaffung von Präzedenzfällen bei, die die Grundsätze der Freiheit von Nutzenden aufrechterhalten und anerkennen.

In der Tat unterstützen diese Entscheidungen die Grundsätze des Next Generation Internet (NGI). Einschließlich der Sicherheit, dass Internetnutzer:innen individuelle Entscheidungen treffen und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben können, indem sie neue Erweiterungen und Browserfunktionen frei entwickeln und nutzen, um ihr Online-Erlebnis und ihre Kontrolle zu verbessern.

Trotz der Verbesserungen für die Kontrolle durch die Nutzenden, die in dem Urteil zu erkennen sind, gehen diese nicht so weit, wie wir es uns wünschen würden. Insbesondere um die Freiheit der Nutzenden beim Zugriff auf das World Wide Web zu gewährleisten. Ausserdem sind sie noch Gegenstand von Berufungen und daher möglicherweise nicht endgültig. Wir werden die Gerichtsverfahren in diesem Rechtsstreit im Auge behalten und Sie auf dem Laufenden halten, wenn es neue Entwicklungen gibt. In der Zwischenzeit können die Gerichtsverfahren auf den Websites des Bundesgerichtshofs und des Landesgerichts nachgelesen werden. Wenn Sie von ähnlichen Fällen oder Entwicklungen zur Förderung der Nutzer:innenfreiheit in anderen EU-Mitgliedstaaten wissen, teilen Sie uns diese bitte mit und kontaktieren Sie uns!